Dirk Otto - Lübeck
Autor und Abenteurer

DSA (5) Kurzgeschichten

An dieser Stelle können Sie meine ersten slbstgeschriebenen Kurzgeschichten lesen. Sie handeln oftmals von NSC´s (Nichtspielercharaktere) aus der Welt von "Das Schwarze Auge".

 Dirk Otto: "Der Fuchs im Hühnerstall"

Eine Kurzgeschichte aus der aventurischen Spielewelt von „Das Schwarze Auge“


Merika setzte sich auf einen liegenden abgeflachten und von Rinde befreiten Baumstamm am Rande der Bornstraße. Den Wanderstab, den sie bislang benutzt hatte, lehnte Merika ebenfalls gegen den Baumstamm, doch er rutschte runter und blieb auf den sandigen Boden liegen. Es war ihr egal. Ihre Füße taten ihr nach dem langen ganztägigen Fußmarsch weh. Merika blickte auf den Ortsnamen auf den Holzschild am Straßenrand und verglich ihn mit dem Namen auf ihren kleinen Stück Pergament. SCHOTZEN stand in großen kusliker Lettern auf dem Holzschild. Genau, wie auf ihrem Stück Pergament, wo sie bereits mehrere Ortsnamen, beginnend mit FESTUM durchgestrichen hatte. Der letzte Ortsname, den sie durchgestrichen hatte, war SCHLÜSSELFELS. Jetzt strich sie auf ihrem Pergamentstück langsam und sauber SCHOTZEN mit einen kleinen angespitzten Kohlestift durch und steckte den Stift zurück in eine Tasche an ihren Gürtel. Auf ihrem Stück Pergament standen nur noch die Ortsnamen FIRUNEN, GRONIZA und schließlich RODEBRANNT. Das Ziel ihrer Reise. Links neben den vielen durchgestrichenen Ortschaftsnamen hatte sie sich BORN notiert. Der Name des Flusses, den sie flussaufwärts folgte. Dabei fiel Merika eine Zeile aus einem Reisebericht eines Avesgeweihten ein: "Folgst du einen Weg entgegen den Flusslauf, wird dir der Marsch erscheinen, wie ein Berg, den du besteigst." Klar, dachte sie, Flüsse fließen halt nach unten. Nicht nach oben. Ab FIRUNEN, so hoffte sie, würde es nicht mehr bergauf gehen sondern flach werden. Wie in der MUHRSAPE; einer sumpfigen Region in ihrer Heimat Albernia, an der Westküste AVENTURIENS.

Merikas albernische roten gelockten Haare klebten am frühen sonnigen Abend dieses warmen Rondramondes an ihren langen Hals, Stirn und Nacken. Sie schloss kurz die Augen und reckte ihren erschöpften Körper und streckte ihre Arme lang in entgegengesetzte Richtungen und wünschte sich ein weiches Bett. Als sie die Augen wieder öffnete, erblickte sie schräg gegenüber ihrem Sitzplatz eine Menschengruppe, die sich erregt unterhielten. Eine dicke Bäurin kreischte besonders laut. Da hing ein Tier mit fuchsroten Fell über den hüfthohen Zaun. Die dicke Bäurin gestikulierte und wedelte heftig mit einem Besen und die anderen drei Frauen der Gruppe hörten der dicken Bäurin interessiert zu. Abgesehen davon, worüber die Bäurin sprach, interessierte Merika besonders das tote Tier. Merika erkannte das Tier als einen Fuchs. Obwohl die 27jährige Frau aus Havena bisher nur Zeichnungen und andere Darstellungen von dem Tier ihres Gottes Phex gesehen hatte, meinte sie zu erkennen, dass dieses Tier besonders jung war. In ihrer Heimat HAVENA, einer großen Hafenstadt und zuletzt in GARETH, der Hauptstadt des Mittelreiches, hatte Merika als Geweihte des Gottes des Handels, der List und der Diebe gedient. Auf ihren aufgehobenen Wanderstab stützend, erhob sie sich langsam und beschloss das phexische silberne Abzeichen, dass sie an ihrer Kleidung trug, durch ihr langes rotes gelocktes Haar zu verdecken. Dann ging sie lauschend und sehr langsam auf die Frauengruppe zu.

"Mit einmal war er in der Ecke. Die Federn hatte er noch im Maul. Wahrscheinlich schluckte das Viech gerade mein bestes Huhn herunter, da holte ich aus... und wusch, traf ich das diebische rote Viech genau mit der Spitze meines Besens auf den Kopf." Es war ein schrecklicher bornländischer Akzent, den die Bäurin sprach, fand die Phexgeweihte, dennoch meinte sie alles genau verstanden zu haben. Keine der Frauen bemerkte Merika, als sie mitten unter den Frauen stand. Eher unbeabsichtigt strich ihre linke Hand in Gedanken versunken, über das Fell des jungen toten Fuchs, der über den Zaun hing. Die Frauen bemerkten nun Merikas Anwesendheit und hörten auf, miteinander zu tratschen. Merika sprach zu den Frauen: "Peraine zum Gruß, werte Damen." Die Frauen grüßten verblüfft zurück. Merika versuchte gar nicht erst, den schweren Akzent der Damen zu imitieren, sondern sprach weiter im mittelreichischen Garethi: "Ich habe gehört, wie ihr dieses junge Tier erschlagen habt. Im Hühnerstall?". Die dicke Bäurin bejahte. Merika fragte weiter: "Was habt ihr jetzt mit dem schönen Tier vor?" Die Bäurin sah kurz auf den toten Fuchs und antwortete Merika: "In Firunen gibt es einen Tierausstopfer, der zahlt mir bestimmt einen ganzen Silbergroschen für den Fuchs." Merika konzentrierte sich und benutzte ihre einfühlsamste Stimme: "Aber um nach Firunen zu kommen, müsstet ihr über den Fluss und der Fährmann nimmt bestimmt einen oder zwei Bronzestücke für die Überfahrt. Habe ich recht?" Die dicke Bäurin antwortete Merika enttäuscht: "Ja, ihr habt recht. Er nimmt zwei Heller." "Und zurück müsstet ihr dann auch noch, ihr habt bei einem Erwerb von einem Silbergroschen einen Verlust von vier Hellern. Lohnt sich das denn noch?" "Hm," antwortete ihr die dicke Bäurin. "Kaum noch." Merika lächelte die Bäurin an. "Und ihr seid dann noch den halben Tag weg von eurem Hof. Wer weiss, wer sich dann in dieser Zeit an euren Hühnern zu schaffen macht." Die Bäurin resignierte. "Ja, ihr habt recht." Dann benutzte Merika ihre schönste Verkaufsstimme. "Und darum, biete ich euch ganze fünf Heller für diesen gut erhaltenen Fuchs an. Ihr verliert keine vier Heller, sondern Ihr habt einen Gewinn von fünf Heller. Einverstanden?" Merika wechselte ihren Wanderstab in ihre linke Hand und streckte der Bäurin ihre rechte Hand zum Abschlag entgegen. Die Bäurin wollte gerade einschlagen, als eine der anderen Frauen plötzlich sagte: "Nimm sechs Heller, Gertja." Die Bäurin zögerte plötzlich und sagte zu Merika: "Ja, genau. Ich möchte sechs Heller." Die Phexgeweihte lächelte und antwortete sehr schnell: "Einverstanden." Per Handschlag wurde der Handel abgeschlossen. Merika sagte zum Handelsabschluss: "Ihr seid eine hartnäckige aber gute Handelspartnerin, Gertja. Phex wäre stolz auf euch."

Die dicke Bäurin sah sichtlich gerührt aus und ihre alten neuen Freundinnen klopften Gertja anerkennend auf ihre Schulter. Aus ihrer Geldkatze holte Merika sechs abgezählte Bronzestücke und gab sie der dicken Bäurin, die kurz nachzählte und das Geld einsteckte. Dann holte Merika aus ihren Rucksack ein altes graues Tuch und wickelte damit den jungen toten Fuchs so ein, dass man nicht sah, was sich im Tuch befand. Merika fand, dass er leichter war, als manche Katze, die sie in ihren Armen trug. In ihrer Heimatstadt HAVENA gab es zahlreiche Katzen. Langsam ging sie zur nächsten Gaststätte in SCHOTZEN. Diese hatte einen großen Hof und einen Baum am Rande des Hofs. Neben der Tür, auf einem lackierten Holzschild war ein Bett, ein Humpen und ein Teller eingraviert. Darüber stand: FÄHRHUUS. Darunter stand: Fischeintopf: 8 Kreuzer, Gemüseeintopf: 6 Kreuzer, Humpen Bier 4 Kreuzer. Merika betrat das FÄHRHUUS und ging langsam aber schnurstracks an die Theke zum Wirt. Viele Männer an den Tischen und auch ein paar Frauen sahen zu Merika herüber. Ihr kupferrotes Haar fiel in der Gaststätte besonders auf. Sie hörte anerkennende Worte und leise Pfiffe, die die junge Phexgeweihte gewohnt überhörte. Noch immer war ihr kleines Fuchssymbol auf ihrer Kleidung durch die langen Haare verdeckt. Merika sprach den Wirt in einem amtlichen Ton an: "Wie lautet euer Name, Herr Wirt?" zögerlich entwortete er "Janov, geehrte Frau." - "Herr Janov, ich möchte ein Bett für die Nacht." Wieder hörte Merika anzügliche Worte der Männer, bei ihnen wäre noch Platz. "In einem Einzelzimmer." ergänzte sie wiederum amtlich und sah den Wirt bedrohlich an. Die Männer buhten Merika aus. Der Wirt bat seine Gäste um Anstand und Ruhe und  antwortete Merika: "Ich habe nur noch ein Zimmer direkt unter dem Dach frei." - "Steht da ein Bett drin und hat es ein verschließbares Fenster?" - "Ja, werte Dame. Aber es kostet euch für die erste Nacht fünfzehn Heller" Mit ihrer Verkaufsstimme sagte Merika: "Dafür bekomme ich aber eine gratis Gemüsesuppe und ein Bier zum Abendessen, Herr Janov." Merika betonte ihren letzten Satz so, als hätte es auch eine Frage sein können. Der Wirt sagte "ja, natürlich." Wieder amtlich strebte sie einen Befehlston an: "Dann zeigt mir bitte das Zimmer, Herr Janov." Der Wirt nahm einen Eisenschlüssel vom Haken und ging mit Merika zur Treppe. Von dort aus konnte Merika einen Hinterausgang zum Hof sehen. Die Phexgeweihte hatte ihren Rucksack immer noch auf den verschwitzten Rücken und nahm den grauen Beutel mit den Fuchs unter den linken Arm.

Die Treppe zum Dachboden war sehr steil und dem Wirt fiel das graue Tuch auf. "Habt ihr eine Katze da drin?" fragte er neugierig, "Frauensachen." antwortete Merika ernsthaft. Der Dachboden war so umgebaut worden, dass er mehrere Einzelzimmer enthielt. Auf den Dachboden war es stickig warm. Merika bekam das Zimmer am Ende des Ganges. Der Wirt schloss die Tür auf und zeigte durch die geöffnete Tür ins Zimmer. Sie sah ein einfaches Holzbett mit Matratze, Wolldecke und verschwitzen Kopfkissen. Merika würde ein Tuch drüberlegen müssen und über der Wolldecke schlafen. Ein Tisch und ein Hocker standen im Raum und eine verschließbare Holztruhe; vorrausgesetzt, man besaß ein funktionierendes Vorhängeschloss. Auf dem Tisch stand ein einfacher Kerzenhalter und eine Stundenkerze, eine kleine Emailleschüssel und ein Krug, der halb mit Wasser gefüllt war. Sie blickte hinein und sah auf der Oberfläche zwei tote Fliegen schwimmen. "Bringt mir frisches Wasser, bitte. Der Krug muss nicht randvoll sein. Aber frei von Dreck und Insekten, Herr Janov." Der Wirt nahm den Krug und ging aus dem Zimmer. Merika hörte ihn auf der Treppe. Sie versuchte die Fensterläden zu öffnen. Es gelang ihr nach geringer Kraftanstrengung. Dann schloß sie die Läden wieder schnell. Sie nahm den Rucksack ab. Schweiß lief ihr den Rücken hinab. Der Wirt kam zurück mit einem vollen Krug Wasser. Es sah sauber aus. Der Wirt blickte zum geschlossenen Fenster. "Das Fenster klemmt manchmal." - "Alles gut." sagte Merika im Befehlston. "Ich brauche eine Stunde, dann komme ich runter, um meine Gemüsesuppe und mein Bier zu genießen, Herr Janov." Aus ihrer Geldkatze nahm sie zwei mittelreichische Silbertaler heraus und gab dem Wirt die beiden Silbermünzen. "Das Wechselgeld hole ich mir beim Abendessen ab, Herr Janov." - "Sehr wohl, die Dame." antwortete der Wirt, gab Merika den Eisenschlüssel und verließ das stickige Dachbodenzimmer.

Merika entzündete die Kerze. Danach schloß sie die Tür hinter dem einfältigen Wirt und schloss mit dem Eisenschlüssel von Innen ab. Dabei ließ sie den Schlüssel mit dem Bart nach oben im Schloss stecken. Auf den Boden, neben der Truhe war noch etwas Platz. Dort hin legte Merika das Tuch mit dem Fuchs. Er begann zu riechen, was Merika versuchte, zu ignorieren. Aus ihren Rucksack holte die Phexgeweihte weitere Utensilien, wie ein Vergrößerungsglas, eine Pinzette und ein Set umgebogene Nägel in verschiedenen Größen, sowie ein Hörrohr und Schreibmaterial. Am Schluss eine Rolle unbeschriebenes Pergament, dass sie am Boden vor dem toten Tier ausbreitete. Merika holte die brennende Kerze von Tisch und untersuchte damit den Körper des toten Fuchses. Erst das Maul. Darin fanden sich tatsächlich Reste einer weissen Hühnerfeder. Und grüne Blattreste, sowie Stroh vom Hühnerstall. Die Stelle am Kopf, wo die Bäurin Gertja den Fuchs erschlagen hatte, befühlte die Phexgeweihte auch. "Das war nur ein Glückstreffer." entschied Merika. "Oder du solltest mir eine Nachricht bringen?" Da. In seiner linken Hinterpfote war zwischen den Zehen eine sehr kleine ungereifte grünliche Pflanzenhülse. Mit der Pinzette entnahm Merika die Pflanze und legte diese auf das aufgerollte Pergament. Mit dem Vergrößerungsglas untersuchte Merika die Hülse, so lange, bis sie sagte: "Eine Distel." Danach fand Merika nichts mehr. Es war sehr stickig warm in ihrem Zimmer, trotzdem öffnete Merika immer noch nicht die Fensterläden. Dafür entnahm sie aus ihren Rucksack weitere Utensilien. Eine Kupferschale mit Symbolen der Elemente, in dem sie aus einen kleinen Beutel, einen Teelöffel voll schwarzes Granulat füllte. Dann fügte sie aus einer Phiole eine ölige Flüssigkeit hinzu, die sie mit der Flamme der Kerze entzündete. Dadurch entstand ein Geruch von Weihrauch. Jetzt kniete Merika sich vor den Leichnam des Fuchs und versuchte sich zugleich zu entspannen und eine alte Liturgie zu rezitieren, die sie von ihrer Vogtvikarin in ihrer Heimatstadt HAVENA gelernt hatte. Ihnen stand damals nur eine tote Katze zur Verfügung. Vielleicht funktionierte es diesmal mit dem Symboltier ihres Gottes Phex. Durch die Wärme in dem Zimmer und des beruhigend wirkenden Aromas des Weihrauchs, mit ihrer karmalen Meditation erreichte Merika eine besondere Art der Entrückung. Sie rief den Geist des Fuchses an. "Zeig mir, was du vor deinen Tod gesehen hast." sprach sie immer wieder monoton in der Sprache des alten Bosparan. Und sie sah...

Merika sah einen hellen lichten Wald, umgeben von Bäumen, grünen Sträuchern, einfallenden Sonnenlicht, das auf den Blättern tanzte. Wild umherfliegenden Insekten verschiedenster Art. Sie sah die Welt aus der Perspektive des jungen Fuchses. Sie spürte Hunger. Es war nicht ihr Hunger, es war der Hunger des jungen Fuchses. Er schnüffelte nach Nahrung. Er suchte nach Fleisch, fand aber nur Pflanzen. Da, eine Schnecke. Der Fuchs schnappte nach ihr, versuchte das Schneckenhaus klein zu beissen. Es war, als biss er auf Stein und spuckte die Schnecke wieder aus. Merika taten ihre Zähne weh. Da, eine Bewegung in einem Gebüsch. Vorsichtig näherte der Fuchs sich dem Gebüsch und sah einen kleinen blauen Vogel der auf dem Boden pickte. Der Fuchs entschloss sich, den Vogel zu schnappen, doch der Vogel mit den blauen Federn war schneller. Schnell schlug er seine Flügel und erhob sich in die Luft. Der Fuchs trat auf Disteln. Manche taten ihm am Fell weh. Er hatte Mühe, sich von den vielen klettrigen Waldfrüchten zu befreien. Auch Merika spürte die unangenehmen Kratzer auf ihrer Haut. Sie hatte mächtigen Hunger. Auch der junge Fuchs hatte Hunger und schlenderte durch den kühlen Wald. Oftmals blieb der Fuchs stehen und sah sich um. Es war ein schöner Anblick, einen Wald aus dieser Sicht zu erkunden. So dicht am Boden; wunderschön. Aber davon wird man nicht satt. Merikas Magen knurrte so laut, dass sie beinahe wieder wach wurde. Oder war es ein anderes Knurren. Der Fuchs sah sich um. Hinter ihm, zwischen den Bäumen war ein viel größerer Vierbeiner zu sehen. Der Fuchs und Merika sahen nur einen schemenhaften Umriss, noch weit weg. Aber mehrfach so groß, wie der Fuchs. Wenn das Wesen die Witterung des Fuchses aufnahm, war der Rotfellige seines Lebens nicht mehr sicher. Der Fuchs floh. Merika hatte Angst. Schweiß floß in Strömen von ihrer Stirn. Der Fuchs rannte und rannte, bis zu einem Hügel auf dem ein einzelner Baum stand. Der Fuchs schaute hinter sich. Die riesige knurrende vierbeinige Kreatur hatte der Fuchs weit hinter sich gelassen. Hatte die Kreatur die Fährte verloren?

Dabei hatte jeder Tritt auf seiner linken hinteren Pfote weh getan. Langsam schlich der Fuchs den Hügel runter und nahm, eine weitere Witterung auf. Ein Fluchttier. Merika wusste das. Am Fuße des Hügels lag eine Lochöffnung und davor stand ein Hase. Merika riss die Augen auf. Sowas hatte sie noch nie gesehen. Da stand ein Hase vor ihr und richtete sich in seiner vollen Größe auf. Der Fuchs sah hoch zu seinen Ohren, die auch Löffel genannt wurden. Damit war der Hase mindestens doppelt so groß, wie der junge Fuchs. Ein riesiges Tier. Der Fuchs hatte Angst, Merika hatte Angst. Merikas Mund klappte weit auf. Sie war immer noch entrückt und sah durch die Augen des jungen Fuchs. Und der Hase trug Kleider. Sie erkannte eine dunkle Hose und ein einfaches gräuliches Kragenloses Stoffhemd mit zwei Knöpfen. Merika hatte das Gefühl, betrunken zu sein. Sie schwankte, nein, der Fuchs schwankte. Und der Hase nahm einen Stock mit einer Spitze in seine rechte Pfote und bedrohte den jungen Fuchs. Und sie hörte die Stimme eines fremden erwachsenen Mannes, als der Hase die Worte sprach: "Was machst du noch hier, Fuchs? Hast du es nicht mitbekommen? Riesige Fleischfresser auf vier Pfoten. Da ist ein ganzes Rudel aus dem Osten auf den Weg zu uns. Die haben Hunger und sind uns bestimmt schon auf der Fährte. Meine Frau packt schon. Und "Tupfer", der Lütte, ist bereits eingewickelt. Wir machen uns auf den Weg nach Norden. Das Floß ist schon fertig. Damit setzen wir heute noch über. Mach, dass du aus dem Wald kommst, dich schlucken die Bestien mit einem Haps herunter." Der Hase wedelte mit seinen Spitzen Stock und der Fuchs setzte sich erneut in Bewegung. Der Fuchs kam an den Waldrand und lief durch eine hohe Wiese. Merika sah aus den Augenwinkel, links von sich, Strukturen von Gebäuden. Dann bleib der Fuchs stehen und lauschte. Merika hörte Hühnergegacker und nahm die Witterung auf. Dabei näherte der Fuchs sich einem der Gebäude. Mit jeden Schritt auf der linken Hinterpfote tat sie ihm weh, doch der Drang, etwas zu fressen, war höher. Auch Merika verspürte den Jagdinstinkt und den Drang nach Futter. Ihr Magen knurrte bestialisch laut. Sie erwachte plötzlich aus ihrer Entrückung, als jemand an die Tür kloppfte. "Werte Dame? Werte Dame! Das Essen ist fertig. Warum riecht es so bei euch? Brennt da etwas?" - "Ja, Herr Janov." antwortete Merika dem Wirt durch die verschlossene Tür. „So bekomme ich die Bettwanzen aus der Matratze." Merika merkte selbst, dass sie mit der Dosierung des Weihrauchs übertrieben hatte. Die Hälfte der Menge hätte aufgrund des kleinen Zimmers gereicht. Wie betrunken torkelte sie schnell zum Fenster und öffnete beide Fensterläden. Es war draussen immer noch sehr warm und es wurde schnell dunkel.

Die Kerze war fast heruntergebrannt. Merika packte alle Utensilien wieder zusammen, wickelte den toten Fuchs erneut in das graue Tuch und wusch sich mit dem sauberen Wasser. Sie zog sich eine andere Bluse an und legte ihren Umhang mit dem Phexabzeichen über ihre Schulter, so dass man das Abzeichen deutlich sehen konnte. Dann ging sie mit dem eingewickelten toten Fuchs leise aus dem Zimmer, verschloss die Tür mit dem Eisenschlüssel und schlich den Gang entlang und die Treppe herunter. Die Gaststube war gut mit Gästen gefüllt. Am Fuße der Treppe ging Merika aber direkt zum hinteren Ausgang, öffnete die Tür vorsichtig und schritt auf den Hof. Neben dem Abort stand angelehnt eine Schaufel, die sie mitnahm und mit dem toten Fuchs hinter den einzelnen Baum ging. Für Merika war das eine Eibe. Sie grub ein Loch zwischen den Wurzeln und legte den Fuchs mitsamt ihres Tuchs hinein. Danach füllte Merika das Loch wieder mit Erde. In die Rinde des Stammes ritzte die Phexgeweihte das Symbol ihres füchsischen Gottes. Danach brachte sie die Schaufel wieder zurück, betrat die Gaststube durch den Hintereingang und setzte sich an einem Tisch in der Nähe der Treppe. Der Wirt sah Merika und brachte ihr einen dampfenden Teller mit Suppe und einen Humpen schäumendes Bier. Sie trank davon sofort einen großen Schluck. Der Wirt sagte zu ihr: "Ich war so frei und habe euch noch eine gebratene Schweinswurst hinzugegeben." Tatsächlich sah Merika ein gut durchgebratenes Stück Wurst in ihrer Suppe schwimmen. Dann sah der Wirt auf das Zeichen des Phex an Merikas Umhang. "Und hier sind eure fünf Heller Wechselgeld, euer Gnaden." und lächelte verlegen. Merika nahm die Münzen und steckte sie in einer ihrer Gürteltaschen. Dann setzte sie ihr schönstes Lächeln auf und sagte: "Ich wusste doch, auf euch ist Verlass. Vielen Dank Herr Janov."

Während der Wirt zurück zum Tresen ging, nahm Merika einen vollen Löffel mit Suppe und weichgekochten etwas zu faden Gemüse in den Mund und schluckte vor lauter Hunger fast alles herunter. Den nächsten Löffel voll, nahm sie genüßlich in den Mund und kaute langsam daran. Die Wurst wollte sie erst anrühren, wenn nur noch wenig Suppe im Teller war. Da öffnete sich die Tür der Gaststube und Merika sah das bekannte Gesicht der Bäurin Gertja und eine männliche Person in der Uniform eines amtlichen Postens. Gertja zeigte auf Merika. "Da, das ist die Frau." Merika kaute in Ruhe ihr Gemüse. Der Mann fragte Merika. "Habt ihr heute einen Fuchs gekauft?" - "Ja, das habe ich. Von Frau Gertja, zu einem sehr guten Preis. Darf ich euch auch etwas fragen?" - "Ja." sagte der Mann in Uniform. "Seid ihr der Schulze oder Büttel?" - "Ich bin Joffrin Borneff, der Dorfschulze." Merika füllte ihren Mund mit weiterer fast salzloser schmeckender Suppe und nahm die Bratwurst auf einer Gabel in die andere Hand. Er fragte Merika neugierig. "Wo habt ihr den Fuchs?" - "Ich habe ihn begraben.", sagte sie mit vollen Mund. Gertja und der Dorfschulze waren erstaunt. Sie blickten beide auf Merikas Phexabzeichen und sagten nichts. Als Merikas Mund leer war fragte sie erneut. "Gibt es Disteln in einem nahen Wald?" - "Ja", sagte der Dorfschulze. Jetzt wirkte er verwirrt. Als er seinen Mund aufmachte, um zu fragen, warum Merika diese Frage stellte, kam die Phexgeweihte dem Dorfschulzen Borneff zuvor. "Dann solltet ihr euren Jäger benachrichtigen, denn ihr werdet hier in der Gegend bald ein Wolfsproblem haben." - "Wölfe?", fragte Borneff "Woher wisst ihr das, euer Gnaden?" Überlegen antwortete Merika dem Schulzen: "Der Fuchs hatte es mir mitgeteilt." Jetzt biss Merika endlich in die gebratene Schweinswurst. Es schmeckte köstlich. Sie kaute sehr lange und genoß die Wurst.

ENDE



Dirk Otto: “Das Duell”

Eine Kurzgeschichte aus der aventurischen Spielewelt von „Das Schwarze Auge“

Fulminus erwachte aus einem sehr langen Schlaf. Das erste, was der Magier wahrnahm, war die Wärme des Sonnenstrahls auf seiner Hand. Durch eine Ritze der geschlossenen Fensterläden, war es Praios, dem Fürsten der Zwölfgötter gelungen, auf sich aufmerksam zu machen. Fulminus, der immer noch auf dem Bett in einem Tavernenzimmer lag, öffnete die Augen und erblickte die sanft wirbelnden Staubpartikel des Sonnenstrahls, der auf seiner linken Hand endete. In dieser Hand hielt der Magier seinen neuen langen Magierstab in der Hand. Fulminus atmete tief durch seine Nase ein und pustete kräftig aus seinem Mund wieder aus. Die Staubpartikel inmitten des Sonnenstrahls wirbelten heftig umher. Fulminus lächelte zufrieden und setzte sich auf die Bettkante. Den Zauberstab, der einen Durchmesser von fünf Halbfinger hatte und eine Länge von 150 Halbfinger, stellte er auf den Boden. Fulminus war nur mit Unterwäsche bekleidet, die er schon seit längerer Zeit nicht gewaschen oder gewechselt hatte. Es war ihm egal. Fulminus betrachtete den polierten und mit hesindegefälligen Zeichen versehenen Stab eine lange Zeit. Seine langen Finger glitten über die Zeichen, die er persönlich in den letzten Tagen auf den Stab angebracht hatte, bevor er mit der BINDUNG DES STABES, die Prozedur abschloß. Der schlanke fingerlange Splitter des Meteoreisens aus seinem letzten Abenteuer, war ebenfalls makellos am oberen Ende des Magierstabes eingebracht. Mit der Einbindung des seltenen magischen Metalls erhoffte sich Fulminus eine Erhöhung des Focusinhaltes auf seinen Magierstab. Das Holz aus dem Baum einer Blutulme fühlte sich sehr gut an. Die Bindung an den Stab war vollzogen und nun war er eins mit dem Magier. Auch die ersten drei Stabzauber, die Fulminus erlernt hatte, konnte der Magier bereits in den Zauberstab bannen. Die EWIGE FLAMME erlaubte dem Magier am Kopfende, eine fackelartige Flamme zu entzünden, die das Holz und das Stück Meteoreisen nicht verzehrte. Das SEIL DES ADEPTEN verwandelte den Magierstab in ein 10 Schritt langes Seil. Der STAB-APPORT sorgte dafür, dass der Magierstab wieder zurück zu seinen Herren; also Fulminus fliegen würde, wenn er ihn rufte. Das probierte Fulminus alles nacheinander aus. Fulminus war begeistert. Bald würde Fulminus dem Stab noch das FLAMMENSCHWERT hinzufügen. Dieser Stabzauber verwandelte den Zauberstab in ein Schwert mit flammender Klinge, welches sich sowohl selbstständig oder auch in der Hand des Magiers führen konnte. Er war fast wieder der Alte. Er strich sich über sein noch volles Haar und über seinen langen braunen Spitzbart, der sich mit den Haaren an seinen Wangen vereinigte. Schließlich hatte der Magier sich vier Wochen lang nicht rasiert. Er freute sich auf neue Wege und betrauerte seine alten Pfade. Tränen rollten aus seinen Augen, als er auf die Innenseite seiner rechten Hand blickte.

Vor vier Wochen noch war deutlich das Magiersiegel in seiner rechten Hand zu sehen. Es war aus Zaubertinte gezeichnet, dass aus einem geringen Anteil des wertvollen Metalls ARKANIUM bestand. Fulminus bekam das Siegel im Jahr 1015 BF als 18jähriger in Beilunk. Damals bekam er den Titel Adeptus Minor Fulminus Siebenbäum, aus Siebenbäum, in Garetien, der dem Rang eines Leutnants glich. Im Jahr 1022 BF, während des Borbaradkrieges, zog die Akademie und seine Magier nach Gareth um. Zu diesem Zeitpunkt veränderte sich das Magiersiegel in seiner rechten Handfläche geringfügig. Fulminus wurde zum Adeptus Maior, also zum Hauptmann befördert und befahl zeitweise ein halbes Regiment. Zuvor war Fulminus in Geheimmissionen mit Abenteurern und Helden unterwegs, um Erfahrungen und magische Gegenstände zu sammeln, die dem Kampf des Mittelreichs gegen die einfallenden Borbaradianer dienlich sein konnte. Er spezialisierte sich auf Kampf- und Hellsichtmagie. Dabei erfuhr Fulminus einiges unredliches über die Regentschaft des magischen Zwerges „Saldor Foslarin“ und seinen Bund des Weißen Pentagramms, der Weissen Magiergilde. Fulminus erster Fehler war, seine Erkenntnisse kund zu tun. Leider den falschen Leuten. So erfuhr Saldor Foslarin davon, bevor es an die Öffentlichkeit kam und wollte Fulminus des Hochverrats anklagen. Diese Informationen konnten das Mittelreich und die damals bevorstehende Regentschaft der Kaiserin Rohaja, schaden. Nur der Reichsgroßgeheimrat „Rondrigan Paligan von Perricum“, der im Ingerimmmond 1028 BF zum Reichsgroßgeheimrat und damit direkter Nachfolger von „Dexter Nemrod“ wurde, schützte Fulminus und schickte ihn und seine Abenteurer-Helden auf weitere Geheimmissionen. So konnte „Saldor Foslarin“ von Fulminus nicht belangt werden, was Rondrigan sehr nützte und Fulminus lange Zeit für die Kaiserlich Garethische Informations-Agentur (KGIA) im aktiven Diensten war. Trotzdem konnte Fulminus es nicht lassen, seine Erlebnisse mit und über Saldor Foslarin niederzuschreiben. Besonders heikel waren die Ereignisse in der„Schlacht an der Trollpforte“ am 23.und 24. Ingerimm 1021 BF. Fulminus warf in dem Manuskript dem magischen Zwerg „Saldor Sohn des Sablon“ aus der Sippe Foslarin vor, bewusst kampfunerfahrene Magierneulinge als Futter für die Kriegsmaschienen Borbarads, geopfert zu haben, um die Schlacht zu gewinnen. Davon wollte im Mittelreich im Jahr 1036 BF, 14 Jahre nach dem Sieg gegen Borbarad und mittlerweile gegen fast alle Heptarchen der dunklen Lande, niemand lesen. Ausserdem stand  noch eine finale Schlacht gegen den Heptarchen und “Marschall Helme Haffax” bevor.

Sollte das Manuskript von Fulminus in die falschen Hände gelangen, würde das dem Marschall immenz nützen. Rondrigan befahl Fulminus, diese Behauptung zurückzunehmen und alle Kopien seines Manuskriptes zu vernichten, sonst könnte Rondrigan den Magier nicht mehr schützen. Fulminus vernichtete auf diesen Rat hin alle Kopien und Aufzeichnungen. Bis auf das im Octavo-Format gehaltene persönliche Handbuch. Und genau das bekam ein Reporter der aventurienweiten Zeitung: „Der Aventurische Bote“ in die Hände, der damit „Saldor Foslarin“ persönlich ansprach. Warum der Reporter plötzlich in den Ruhestand auf einer der Zyklopeninseln, an der Westküste Aventuriens, ging, wusste niemand mehr zu berichten. Aber seitdem waren die „Pfeile des Lichts“, eine magische Eliteeiheit, die sich unter der Leitung von „Saldor Foslarin“, der Bekämpfung der dunklen Spielarten der Zauberei und der Jagd auf abtrünnige Gildenmitglieder widmete, auf der Suche nach dem mittlerweile 40jährigen Kampfmagier. Sie fanden Fulminus schnell, überwältigten ihn und brachten Fulminus zu seinem erklärten Erzfeind „Saldor Foslarin“. Schnell wurde Fulminus abgeurteilt und permanent exkummuniziert. Also, aus der weissen Magiergilde für immer verbannt. Alle Rechte eines Weiss-Magiers wurden ihm auf ewig verwehrt. Sein alter Zauberstab aus Blutulme mit dem Splitter eines Kristalls von Sangurit, wurde praiosgefällig zerstört. Fulminus fünf Magierroben, die er laut „Codex Albyricus“ tragen musste, wurden ihn abgenommen. Magische Gegenstände, magische Bücher, auch Bücher über Magie durfte er nicht mehr behalten und auch sein Schwert und sein treues Pferd „Astral“ nahm man ihm. Besonders schmerzvoll für ihn war, als man Fulminus letztendlich das Magiersiegel aus seiner rechten Handfläche entfernte. Einzig das Leben und eine einfache Reiserobe ließ man ihm. Angeblich auf Bitten der Kaiserin Rohaja, weil Fulminus sein halbes Leben lang dem Mittelreich gedient hatte. Wohl eher, weil eine Heirat zwischen der Kaiserin und Rondrigan bevorstand und Fulminus in der Gunst des Reichsgeheimrats stand. Dann brachte man ihn an einen Grenzstein, der das östliche mittelreichische Garetien mit dem Land Tobrien verband. Von hier aus schlug sich Fulminus barfuß, meist unerkannt, zu einem Versteck durch, dass er und seine Kameraden auf ihren letzten Geheimmissionen eingerichtet hatten. Ein bisschen Geld, eine Umhängetasche mit einer Decke, Feuerstein und Zunder, tobrische Kleidung, den Splitter aus Meteoreisen und ein Messer fand Fulminus vor. Fulminus wusste, wo sich in der Nähe eine Blutulme befand und wollte sich aus einem Ast einen neuen Stab schnitzen. Das Schuhwerk, dass er seitdem trug, hatte er einem kranken sterbenden Bettler abgenommen. So schrecklich ging es dem Magier, das er zum Dieb wurde. Fulminus schlief viel während des Phexmondes, um seine Zauberkraft zu regenerieren. Er zog weiter nach Norden, entlang der schwarzen Sichel und abseits aller Straßen und Ortschaften, um nicht aufzufallen und den tobrischen Grenzsoldaten zu entgehen. Bewaffnet nur mit einem Schnitzmesser und jenen Ast, aus dem er seinen Zauberstab machen wollte, schlich er drei Wochen lang durch die Wildnis. Immer in Angst, einem schrecklichen dämonischen tobrischen Wesen oder einem Troll zwischen den Klauen oder dessen reisserischen Gebiss zu fallen. Dabei kam Fulminus an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Dem Flusslauf der „Tobimora“ folgend, traf er schließlich voller Hoffnung auf diese Ortschaft, endlich wieder ein richtiger Magier zu werden. Er wollte sich in ein Zimmer einquartieren, um zu meditieren und seinen neuen Zauberstab fertigzustellen. Wenn er Pech hatte, würden ihn Tobrier und Häscher von Helme Haffax für den Kampf gegen das Mittelreich rekrutieren oder als Spion hängen.

Doch Fulminus hatte bisher Glück. Und darum wischte er sich, immer noch auf der Bettkante sitzend, die Tränen mit einem dunklen Stofftuch ab. Er sah sich im Zimmer um. Überall lagen Holzspäne herum und sein Eimer war schon sehr voll und stank extrem. Ein Fliegengewirr schwebte über ihn. Dann zog er sich die Schuhe an und öffnete das Fenster vollständig. Das Praiosmal stand hoch am blauen Himmel. Weisse Wolken schwebten sanft gen Efferd (nach Westen) zur schwarzen Sichel. Es roch draussen nach Fisch und Fulminus hörte die Tobimora rauschen. Er schaute auf den Tisch und betrachtete die Fliegen, die sich in dem tiefen Holzteller mit Suppenresten, zu vermehren schienen. Das Tuch, mit denen er sich seine Tränen zuvor abgewischt hatte, wickelte Fulminus um das Kopfende seines Stabes, damit der nicht wie ein Magierstab aussah. Er zog sich die Reiserobe mit Kapuze an, schlang sich die Umhängetasche über die Schulter und ging zur Tür. Fulminus entriegelte sie und verließ das Zimmer, ohne zurückzublicken. Bevor Fulminus die Gaststube der Taverne erreichte, hörte er zwei Personen sprechen: „Ich möchte auch gerne hin.“, sagte eine jugendliche weibliche Stimme. „Erst machst du sauber.“ antwortete ihr die kehlige Stimme des Wirts, die Fulminus kannte. „Lass mich bloß nicht alleine, mit diesem irren Zauberer.“ Sie wussten also, dass er ein Magier war. Nur Menschen ohne oder mit wenig Bildung sagten heutzutage noch Zauberer oder Hexen, anstatt Magier oder „Töchter Satuarias“. Ein Schweisstropfen rann Fulminus den Hals herunter. Langsamen Schrittes begab er sich in den Schankraum. Nur der kahlköpfige, rundliche Wirt und ein schlankes jugendliches Mädchen mit langen schwarzen Haaren in einem dunklen Kleid waren im Schankraum. Er putzte Holzbecher hinter seiner Theke. Das Mädchen war höchstens 14 Götterläufe alt. Sie wischte den Boden mit einem dunklen Tuch an einem Feuchtbesen. Als sie Fulminus sah, hörte sie auf mit dem Wischen und beobachtete ihn. Ein paar Stühle standen auf den leeren Tischen. Fulminus tat so, als hätte er nichts gehört und ging auf einen Tisch zu. Er nahm den Stuhl herunter und setzte sich drauf. Der Wirt kam auf Fulminus zu. Er legte ein kleines Stück Pergament so auf den Tisch, damit Fulminus die Schrift lesen konnte. Der Wirt sagte: „Ihr müsst zahlen, sonst hole ich den Schulzen.“ Fulminus schluckte und las:

Uibernachtug 4 = 36 H.

FissSupe ud Brot 4 =   3 H 2 K

BratFiss ud Kartoff 3 =   3 H 6 K

Bier         7 =   2 H 1 K

Gesamm:                       44 H 9 K

Wenigstens konnte der Wirt richtig rechnen, dachte sich Fulminus. Aus seiner Umhängetasche holte sich Fulminus die Geldkatze, die er in dem Versteck gefunden hatte. Die Abenteuergruppe, mit der Fulminus vor zwei Götterläufen in Tobrien unterwegs war,  hatte ihr gesamtes Kleingeld dort hinein deponiert. Dementsprechend voll war das Stoffbehältnis. Der Wirt staunte sichtlich. Der Wirt sprach wieder mit dem Mädchen. „Schau dir das Zimmer an und hol den Eimer.“ Sie verzog das Gesicht aber gehorchte, stellte den Feuchtbesen ab und ging in Richtung Fulminus Zimmer. Inzwischen entnahm der Magier jede Münze einzeln und sortierte sie in Fünferstapel. Es waren nur Heller und Kreutzer in der Geldkatze. Kein einziger Silbertaler, keine Golddukate. Geizhälse. Dachte Fulminus über seine alten Abenteurerkollegen. Fulminus bekam die Summe von 44 Hellern und  9 Kreuzer tatsächlich zusammen und hatte sogar noch 5 Kupferstücke übrig. Dann war die Geldkatze leer. Der Wirt hatte mitgezählt und strich die ganzen Münzen mit einer Hand in die andere Hand zusammen. Fulminus fragte ihn: „Ich habe Hunger, was bekomme ich für 5 Kreuzer?“ - „Ich mach euch ein Rührei und eine Scheibe Brot.“antwortete der Wirt grummelig. „Und ein Bier?“ fragte Fulminus hoffnungsvoll. „Ein Halbes.“ antwortete der Wirt monoton. „Weil ihr die Rechnung bezahlt habt. Das macht hier nicht jeder.“ Er strich auch die 5 Kreuzer ein und ging mit den Händen voller Münzen hinter seine Theke. Ich bin endlich wieder ein Magier aber Pleite und dann noch in Feindesland. Dachte Fulminus und versuchte krampfhaft zu überlegen, was er aus dieser Situation machen konnte. Fulminus sandte ein Stoßgebet gen Alveran. Ihr Zwölfe, bitte helft. Gebt mir eine Eingebung. Es dauerte eine Minute, als das Mädchen mit Fulminus fast vollen Eimer wiederkam. Er stank bestialisch. Dem Magier war es sehr unangenehm. Früher war er arrogant genug, sich nichts anmerken zu lassen. Diesmal berührte es Fulminus sehr, dass das Mädchen den Eimer schleppen musste. Fulminus sah, wie sie das Gesicht vor Ekel verzog und damit war sie nicht die Einzige, die sich weit weg wünschte. Der Wirt ging in die Küche. Fulminus hörte es aus der Küche brutzeln, es roch nach Bratfett. Der Magier strich sich über den Bart und dachte an eine Rasur, um sich selbst abzulenken, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Zwei schwarzhaarige Jungs von etwa 11 Götterläufen wollten gerade in die Gaststube springen. Das Mädchen schrie auf: “Hee, ihr spinnt wohl. Fast hättet ihr mich umgerannt.“ Die Jungs sprangen wieder raus und machten dabei eklige würgende Geräusche. Wohl, weil sie den Eimer und dessen Inhalt sahen und rochen. Dabei konnte das Mädchen mit dem Eimer nach draussen treten und die Jungs danach hinein, in die Gaststube. Die Jungs hatten beide mit zwei Fingern ihre Nasen zugehalten. Einer von ihnen hatte lange glatte Haare, der andere lockige Haare und Fulminus meinte, den Lockenkopf bei seiner Ankunft, vor vier Tagen, hier gesehen zu haben. Von draussen hörte Fulminus das Mädchen rufen: „Macht nichts dreckig, ich habe gerade gewischt.“ Der Wirt kam mit einem dampfenden Teller und einem Humpen, halbvoll mit schäumenden Bier, wieder und stellte beides, Fulminus mit Besteck vor die Nase. Das Essen sah gut aus, es roch auch entsprechend. Fulminus Magen knurrte. Der Wirt sah auch die beiden Jungs an der Tür stehen. „Ihr habt hier nichts zu suchen.“ brummte der Wirt die Kinder an.

Der Lockenkopf zeigte auf Fulminus. “Der Schwertkämpfer will den Zauberer sprechen. Er ist doch ein Zauberer, oder?“ Der Wirt schaute abwechselnd Fulminus an, der von dem Teller aß und vom Bier trak und zu den Kindern. „Ist das Duell schon vorbei?“ Fragte der Wirt neugierig. Fulminus dachte, wenn ich gleich sterbe, dann satt. Der Langhaarige sagte: „Einer ist schon tot.“ Dann ging der Lockenkopf langsam auf Fulminus Tisch zu. Fulminus beobachtete ihn genau; rechnete jeden Augenblick damit, dass die Tür aufsprang und jemand mit erhobenen Schwert auf ihn zu stürmte. Sein Zauberstab war an den Tisch gelehnt und lag jederzeit griffbereit. Diesmal verkaufe ich meine Haut so teuer wie möglich. Keine Gnade. ...Und die Kinder?, dachte der Magier. Die Tür ging auf. Fulminus griff plötzlich sehr schnell nach seinen Stab. Die Kinder und der Wirt erschraken. Das Mädchen trat mit einen Eimer Wasser herein. Sie schloss die Tür hinter sich. Fulminus hatte den Magierstab in der rechten Hand, den Humpen Bier in der linken Hand. Das Mädchen sah den Wirt und sagte zu ihm: „Einmal kräftig durchfegen, wischen, Bett neu beziehen und vor allem lüften. Dann kann der nächste Gast kommen.“ sagte sie erschöpft. Sie ging wortlos an den Jungs vorbei, in Richtung Fulminus alten Zimmer. Fulminus nahm die Hand vom Stab und widmete sich wieder seiner Mahlzeit ohne die Jungs oder den Wirt aus den Augen zu lassen. Der Lockenkopf sagte zu Fulminus: „Der Schwertkämpfer braucht Hilfe. Er wurde beim Duell verletzt. Er fragte nach einem Heiler oder Zauberer. Er sagte, er bezahlt auch gut.“ Fulminus antwortete dem Jungen mürrisch: „Habt ihr keinen Heiler im Ort?“ - „Der alte Krughans ist letzten Wassertag gestorben.“ sagte der Lockenkopf. Der Wirt nickte bestätigend. „Woher wollt ihr wissen, ob ich ein Zau... ein Magier bin? Es heisst Magier, bei Hesinde.“ fragte Fulminus wütend. Alle drei wichen etwas zurück. Der Wirt sagte etwas ängstlich: „Ihr ward nicht gerade leise, die letzten Tage und Nächte auf eurem Zimmer. Ihr habt viel mit euch selbst geredet. In anderen Sprachen. Und nicht gerade leise.“ Höchstens in Bosparan, dachte Fulminus. Und gelauscht haben die auch. Warscheinlich weiss das ganze Dorf von mir. Der Schulze hätte eigentlich kommen müssen, um mich zu verhaften. Es war ein mittleres Wunder, dass Fulminus noch am Leben war. Er aß den Rest auf seinen Teller und trank den letzten Schluck. Jetzt sterben, wäre doch nicht schlecht. Wenigstens bin ich beinahe satt. „Ich kann nicht helfen.“ sagte Fulminus resignierend und griff nach seinen Magierstab. Behutsam strich der Magier über die eingeritzten Runen. Es fühlte sich gut an. Der Lockenkopf legte seine Kinderfaust auf den Tisch und öffnete sie. „Dann sollten wir Euch das hier geben.“ - „Als Anzahlung.“ ergänzte der langhaarige Junge. Der Wirt atmete heftig aus, als er sah, was auch Fulminus sah. Ein Edelstein. Azurblau, ungeschliffen, fingernagelgroß. Fulminus nahm den Edelstein in seine Freie Hand und betrachtete ihn genau. „Ein Lapislazuli. Der Stein Aves. Der Schutzheilige aller Abenteurer, Seefahrer und Reisenden.“ hörte Fulminus sich selbst sagen. Und wertvoll war der Stein auch noch. Selbst ungeschliffen würden Händler einen solchen Stein für wenigstens 15 Silbertaler verkaufen, schätzte der Magier. Fulminus wickelte den kleinen Edelstein in das Stück Pergament ein, auf dem seine Rechnung stand und steckte sich beides in seine Umhängetasche. Der Magier hatte den Entschluss gefasst, sich den Schwertkämpfer mal genauer anzusehen. Er stand auf, nahm sich seinen Magierstab und sagte zu den Kindern: „Bringt mich zu ihm.“

Die beiden Jungs liefen aus der Taverne. Fulminus ging hinter ihnen her. Er benutzte seinen eineinhalb Schritt langen Magierstab als Gehilfe und tat so, als wäre er 20 Götterläufe älter. Vielleicht würde das Gegner verwirren. - Es könnte immer noch eine Falle sein, dachte er. Umsichtig bewegte Fulminus sich nach draussen und folgte den Jungs vorsichtig. Die Häuser in dem Dorf am Fluss, standen weit auseinander. Schon von weiten war ein sandiges Feld zu sehen. Eine Menschentraube hatte sich dort versammelt. Keine Kämpfer, alles Dörfler, dachte sich Fulminus. Erst als er sich näherte, sah Fulminus vier gesattelte dunkle Pferde stehen. Dann nahm er doch noch das dunkle Tuch vom Kopfende seines Magierstabes und steckte es in seine Umhängetasche. Neben den Pferden standen drei mit Schwertern bewaffnete Tobrier. Fulminus und seine Abenteuerfreunde hatten schon gegen solche Ritter gekämpft. Damals. Der Magier schluckte, veringerte aber seine Geschwindigkeit nicht. Die Jungs hatten sich zu den Dörflern gesellt. Die Menschentraube trat beiseite. Fulminus hielt seinen Magierstab in seiner rechten Hand fest umklammert. Da stand noch ein weiterer Kämpfer mit weissen Hemd und einer rotschwarzen Weste an einer niedrigen Steinmauer. Daneben stand ein Tisch mit einem Beutel, Karaffe und Becher. Der Kämpfer mit dem weissen Hemd hatte einen deutlichen Blutfleck am Bauch. Ein tobrischer  Schulze stand neben ihn. Der Kämpfer sah nicht, wie ein Tobrier aus. Der Größte der drei Kämpfer bei den Pferden trat ein paar Schritt auf Fulminus zu. Die anderen Bewaffneten beäugten sich gegenseitig.“Wulfban, Junker von Edelhain ist mein Name, Gelehrter Herr.“ sagte der Große „Mit wem haben wir die Ehre?“ Fulminus überlegte kurz, während er sich räusperte... „Yeto Radromtaler“, log Fulminus „Und es heisst „Wohlgelehrter Herr“.“ Wie er auf den Sonnenmärker Namen kam, war dem ehemaligen Kampfmagier nicht bewusst. Aber er wollte dem Junker zeigen, dass dieser es mit einem sehr erfahrenen Magier zu tun hatte. Vielleicht lag es an seiner alten Ausbildungsstätte in Beilunk, diesen oder einen ähnlichen Namen mal aufgeschnappt zu haben. Dem Junker schien der Name plausibel oder es war ihm egal. Fulminus musste genau aufpassen, was und wie er es sagte. Er hatte nicht einmal einen Beilunker oder Sonnenmärker Akzent.

Der Junker erklärte weiter: „Wohlgelehrter Herr Radromtaler, der blutende Schwertkämpfer dort, hatte, als wir hier ankamen, das Pferd „Zersa“ meines Cousins, Freiherr Leufried von Ehrenstein auf´s Tiefste beleidigt, als es ihn anrempelte. Darauf hin forderte mein Cousin, Freiherr Leufried von Ehrenstein diese Person zu einem korgefälligen Zweikampf heraus. Der Kampf ging ungut für meinen Cousin aus.“ der Junker zeigte auf den Leichnam unter der Decke. „Darauf hin fordert jetzt mein Cousin Freiherr Karloff von Leufried, den Kämpfer dort an der Mauer ebenfalls heraus, um den Tod seines Bruders zu rächen.“ Fulminus blickte nacheinander verdutzt alle Beteiligten an. Rache ist nicht praiosgefällig. Aber er erwähnte es lieber nicht. „Und was habe ich damit zu tun?“ fragte der Magier. „Nun,“ antwortete der Junker, der Fulminus genau musterte. „Die Dörfler sagten uns, dass der hiesige Heiler vor kurzem verstorben ward und Ihr ein Magier,“ der Junker zeigte auf Fulminus „seid doch bestimmt in der Lage, ein Heilzauber auf den Kontrahenten zu wirken, damit mein Cousin Karloff von Ehrenstein den Tod seines Bruders ehrenvoll rächen kann.“ Fulminus sah zum verletzten Streiter rüber und sagte: „Er steht doch noch.“ - „Ja“, sagte der Junker, „als Sekundant meines Cousins Freiherr Leufried von Ehrenstein und jetzt meines Cousins, Karloff von Ehrenstein, habe ich mit dem Kontrahenten und dem Dorfschulzen gesprochen. Der Kontrahent ist kraftlos aufgrund seiner Verletzung, die ihm mein Cousin, Freiherr Leufried von Ehrenstein zu Lebzeiten zugezogen hatte und er kann kein Schwert halten. Es wäre unehrenhaft für meinen Cousin, Freiherr Karloff von Ehrenstein, mit seinem toten Bruder Freiherr Leufried von Ehrenstein zurückzu kehren, ohne vorher zumindest versucht zu haben, den Kontrahenten seines Bruders, korgefällig zu besiegen. Er sollte zumindest in der Lage sein, eine Waffe benutzen zu können. Sein Tod wäre sonst unwürdig für die Familie meines Cousins.“ Fulminus schloss seine Augen. Was für arrogante adlige Stümper. Nur ihre Ehre war ihnen wichtig. Kein Wunder, dass das Mittelreich diesen Krieg gewinnen wird. Dachte er. Aber auch im Mittelreich gab es genug Adlige, die ihre Ehre für wichtiger ansahen, als ein militärischer Sieg. Es starben sinnlos gute Anführer. Darum hatte die Kaiserin Rohaja, wie auch damals zuvor ihr Vater, der Prinzregent Brin, alle Duelle unter Adligen oder Offizieren verboten. Fulminus sagte zum Junker: „Ich werde sehen, was ich tun kann.“ - „Sehr wohl.“ sagte der Junker. Beide verbeugten sich leicht. Als Fulminus an die adligen Kämpfer vorbei ging, nickte er ihnen leicht zu. Als Fulminus an der mit einem Tuch bedeckten adligen Leiche des Freiherrn Leufried von Ehrenstein vorbei ging, zeichnete der Magier vor seiner Brust ein gebrochenes Rad. Das Symbol des Totengottes Boron. Ihm kam in den Sinn, zu überlegen, wie er vielleicht Profit aus dieser Situation schlagen könnte. Das Problem war, dass seine arkanen Kräfte nach den gewirkten Stabzaubern sehr niedrig waren. Er musste also sehr sparsam zaubern.

Fulminus erreichte den sehr jung aussehenden Kontrahenten und den Dorfschulzen. Dieser stellte sich zuerst vor: „Eberhelm Donnersinn, wohlgelehrter Herr.“ Er hatte zugehört, sein Blick verriet Fulminus, dass dem Dorfschulzen die Aufmachung des Magiers mißfiel. Trotzdem verbeugten sich beide leicht. „Adeptus Maior Yeto Radromtaler“ - „Arras, Herr der Klingen. Aus Aranien.“ sagte der Streiter und wies auf zwei Langschwerter, die auf dem Tisch lagen. Daneben lagen passende Schwertscheiden, ein Bündel und ein Waffengurt und passende Ausrüstung. Der Magier erkannte diese Ausrüstung jetzt, wo er genau davor stand. Fulminus war entsetzt. „Ihr seid ein Schaukämpfer?“ fragte er den Streiter. „Ja...“, antwortete Arras. „...aber ein sehr Guter.“ und wies theatralisch auf den toten Adligen. Fulminus musste sich streng zusammenreissen, um Arras nicht vor allen Anwesenden zusammen zu brüllen. Zum Dorfschulzen Donnersinn gewandt, sagte Fulminus mit freundlicher Stimme: „Würdet ihr uns bitte entschuldigen, Schulze Donnersinn?“ - „Liebend gern“, antwortete der Dorfschulze und trat zu den anderen Dörflern. Wütend flüsterte Fulminus dem Schaukampfer zu: „Habt ihr euer Hirn dabei oder in Aranien vergessen? Ich habe euch aus der Distanz auch für einen Adligen oder zumindest für einen Krieger oder Söldner gehalten. Die Tobrier kämpfen hier in ihrem Land für ihre Ehre. Die lassen nicht locker, bis Euer Körper in Sumus Leib gestampft wurde. Ich habe sowas gesehen. Ich war im Krieg.“ - „Ich bin beeindruckt, wohlgelehrter Herr. Habt ihr meinen Edelstein erhalten?“ - „Was? Ja, natürlich.“ antwortete Fulminus verdutzt. Arras erzählte weiter: „Da, wo ich hin will, gibt es reichlich wertvolle Kleinodien. Ruhm und Ehre warten dort auf mich. Auf uns, wenn Ihr wollt,“ Und er zeigte auf sich und Fulminus. Der Unterkiefer des Magiers neigte sich gen Sumus Leib. „Habt Ihr mir nicht zugehört, Herr der Klingen? Die machen euch fertig. Und wenn sie mit Euch fertig sind, auch mich. Und wenn sie mit mir fertig sind, brennen sie das Dorf hier nieder. Ich habe so etwas schon einmal gesehen. Ruhm und Ehre für ein Pferdearsch, der euch angerempelt hatte?“ - „Könnt ihr mir als Magier nun helfen oder nicht?“ fragte Arras arrogant. „Wenn ja, beende ich mit dem Kampf die Streitigkeiten und entschuldige mich. Ob ich gewinne oder verliere. Dann nehme ich Euch mit, ins Bornland.“ - „Bornland.“ antwortete Fulminus monoton. Was wusste der mittelreichische Magier über das Bornland. Er überlegte. Staubige Straßen im Sommer, Sümpfe mit ekligen Kreaturen, unergründete riesige Wälder in denen Riesen hausen, ein unerträglicher langer kalter Winter der wenigstens doppelt schlimmer ist, als jeder Winter im Mittelreich und unfreundliche Bronnjaren, die Jagd auf friedliche Goblins machen. Im Gebirge lauern Schwärme von Harpyen und blutrünstige Satyre. „Was wollt ihr im Bornland?“ fragte Fulminus. Arras neigte seinen Kopf verschwörerisch dicht zum Magier. „Das Erwachen des Bornlands erleben. Mit fremden Kreaturen sprechen und von ihnen lernen. Feen, Trolle, Biestinger. Das Geheimnis der Theaterritter. Alte Burgen und Festungen. Verliese, untergegangene Städte und Völker und ihre Geheimnisse. Schätze aus alter Zeit. Magische Waffen und Rüstungen. Artefakte. Alte Zauber, neu entdecken. Alles das wartet auf uns, Yeto Radromtaler, ...oder wie Ihr wirklich heisst.“

Fulminus dachte, alle wussten wohl alles über ihn. Er war hier der einzige Ahnungslose. Die Welt hatte sich ins Gegenteil für ihn geändert. Dann schüttelte Fulminus den Gedanken weg. Zurück zum Handel. „Ich kann euch magisch heilen. Aber nicht viel. Meine Kräfte sind heute sehr gering. Wie wollt ihr mich bezahlen?“ - „Alles von Wert von mir, besitzt ihr.“ antwortete Arras gelassen. Großartig, dachte Fulminus. Der blöde Aranier war auch pleite. „Aber ich teile alles mit Euch brüderlich Meister Radromtaler. Wenn ich gewinne, bekomme ich das Pferd des Adligen und 50 Golddukaten von diesem großen Cousin. Das Pferd gehört mir jetzt schon, da ich ja gewonnen hatte.“ Fulminus Magen fühlte sich an, als ob er heute Kieselsteine gegessen hätte. „Und ihr habt die erneute Herausforderung angenommen?“ - „Ja, sofern sie jemanden finden, der mich heute noch heilt.“ - „Der Lapislazuli kam doch von Euch.“ - „Ja. Ich habe den einen Adligen besiegt, ich kann auch seinen Bruder besiegen.“ Fulminus war erneut entsetzt über soviel Dummheit. Arras hätte einfach „Nein!“ sagen können und abhauen. Seinen Traum nachgehen und das dämliche Bornland besuchen. „Habt ihr nicht einmal darüber nachgedacht, dass Ihr einfach nur Glück hattet?“ Arras dachte sichtlich nach. „Ich hatte Visionen und Träume über das Bornland. Das kann doch nicht alles umsonst sein. Ich werde gewinnen und das Bornland sehen. Für Reichtum und Ruhm.“ Der Magier schüttelte den Kopf und sprach jetzt laut mit dem Schaukämpfer. „Zeigt mir eure Verletzungen.“ Arras zog sein Hemd hoch und zeigte auf einen provisorischen Verband. Fulminus zog den Verband über der Verletzung hoch. Nur eine Fleischwunde. Dann besah Fulminus seine Schwerthand. Arras zog vor Schmerzen tief Luft zwischen seine Zähne ein. Die Hand war angebrochen. „Könnt ihr auch mit links kämpfen?“ fragte Fulminus. „Ja, aber nicht so gut, wie mit meiner Rechten“ antwortete Arras. „Könnt ihr mich schneller zaubern?“ - „Wie? Schneller?“ - „Dass ich schneller bin, als der Adlige oder besser seine Angriffe pariere.“ Der Schaukämpfer strahlte Fulminus mit seinen hellbraunen Augen an. Arras war wirklich davon überzeugt, auch diesmal wieder zu gewinnen. Fulminus überlegte. Er war nicht mehr Mitglied der Weissen Gilde und an dessen Prinzipientreue gebunden, nicht unfair zu handeln. Fulminus sprach den Schulze Donnersinn an. „Wenn es Wirselkraut in dem Ort oder in der Nähe gibt, bringt mir davon. Schnell.“ Fulminus könnte versuchen, eines der Verletzungen magisch zu heilen und eines profan. Dann bliebe seine restliche Zauberkraft für einen ATTRIBUTO-Zauber auf Gewandtheit. Damit würde der Zauber positive Auswirkungen auf Arras Parade haben.

Nach einer kurzen Weile erschien der Dorfschulze mit Wirselkraut, das der aus den Beständen des verstorbenen Heilers Krughans geholt hatte. Fulminus nahm aus dem Beutel die beiden Wirselkräuter, die am frischesten aussahen und legte sie auf die Bauchwunde und zog den provisorischen Verband darüber. Danach legte Fulminus seine rechte Hand auf die angebrochene Schwerthand des Schaukämpfers und wirkte den Zauber BALSAM SALABUNDE mit reduzierter Astralkraft, damit er noch Astralenergie für den ATTRIBUTO hatte. Beim BALSAM hatte Fulminus keine Probleme. Es war ein alter Elfenzauber, der auch unter vielen Gildenakademien gelehrt wurde. Und Fulminus hatte diesen Zauber schon sehr oft erfolgreich gewirkt. Doch beim ATTRIBUTO war Fulminus ein Fehler unterlaufen. Vielleicht war er nicht konzentriert genug, vielleicht hatte ihn etwas gestört. Vielleicht war es aber auch sein altes Gewissen, bei dem bevorstehenden Duell zu schummeln. Der Zauber wirkte nicht, das wusste er. Ein Teil der magischen Energie, die der Magier freisetzte, floss ins Nichts. Ein Schweißtropfen rann Fulminus die Stirn runter. „Hat es geklappt?“ fragte Arras, „Ja.“ log Fulminus. „Versucht das Schwert aufzunehmen. Und sprecht nicht darüber. Denkt nicht einmal darüber nach.“ Fulminus zögerte, vielleicht ein wenig zu lange, fand er. „Kämpft und gewinnt.“ versuchte er dem Schaukämpfer Mut zuzusprechen. Arras nahm das Schwert in seine Waffenhand. Er wog es, er hob und senkte es, er schnitt mit der Klinge durch die Luft. Mehrmals. „Ich regel jetzt die Bedingungen“ sagte Fulminus, mehr zu sich und schritt auf den Junker zu. Der Junker trat auf Fulminus zu. Die Menge raunte. Fulminus erhob das Wort: „Junker Wulfban von Edelhain. Arras, der Herr der Klingen aus Aranien ist bereit zum Kampf. Ich möchte hiermit zu Protokoll geben, dass die Duellanten nur bis zum zweiten Blut kämpfen oder bis zur Aufgabe. Wenn nur einer der Duellanten seine Waffe verliert, fallen lässt oder so stark beschädigt ist, dass ein rondragerechter Kampf nicht möglich ist. Tritt der Überlegende zurück und wartet, bis der Unterlegende eine Kampffposition eingenommen hat oder aufgibt. Es wird nicht, niemals, auf keinen Fall, gegen den Unterliegenden eingeschlagen.“ Der Junker schaute Fulminus entsetzt an. „Wir wollten einen korgerechten Kampf.“ Fulminus entgegnete: „Es wird einen rondragerechten Kampf geben... oder keinen.“ Fulminus wirkte sehr entschlossen. Der Junker drehte sich zu seinen Cousin und schritt auf ihn zu. Sie redeten miteinander. Der Duellant,  Freiherr Karloff von Ehrenstein war empört und verhehlte seine Einstellung auch nicht. Erst als der Junker seine Waffenhand auf die linke Schulter des Freiherrn legte, beruhigte sich die Stimmung der beiden. Die Zuschauermenge diskutierte laut miteinander. Als Fulminus ernsthaft in ihre Richtung blickte, wurden die Dörfler wieder leise. Der Junker kam zurück zu Fulminus. Er sagte: „Wir sind mit den Bedingungen einverstanden, wohlgelehrter Herr. Wenn wir gewinnen, fordern wir das Schwert eures Duellanten, als Opfergabe für den familiären Kor-Schrein.“ Fulminus nickte. „Einverstanden Junker von Edelhain, wenn wir gewinnen, bekommen wir das Pferd „Zersa“ eures Cousins, Freiherr Leufried von Ehrenstein, welches Herrn Arras bereits zusteht. Zudem fordern wir die Abgeltung von 50 Golddukaten.“ - „Wir sind einverstanden, wohlgelehrter Herr.“ Fulminus erhob seinen Zeigefinger. „Und es wird keine weitere Duellherausforderung geben. Egal, wie der Kampf ausgeht.“ Dann bluffte Fulminus. „Bei einem Verstoß, werde ich mit einem magischen Flammenstrahl eingreifen.“ - „Einverstanden, wohlgelehrter Herr Radromtaler.“ antwortete der Junker rasch. Beide verbeugten sich anschließend. Der Junker ging zurück zum Freiherr, der bereits mit seinem Schwert übte. Und Fulminus ging zu Arras, der ebenfalls mit dem Schwert übte. Mit stolz erhobenen Haupt sage er zu Fulminus: „Ich werde gewinnen, ich weiss es. Ich bin der bessere Schwertkämpfer.“ Fulminus drückte Arras beiseite. „Egal was passiert, wenn ihr nur einmal getroffen werdet, lasst ihr euer Schwert fallen und Entschuldigt euch bei Freiherr Karloff von Leufried. Habt ihr mich verstanden?“ - „Aber ich kann gewinnen.“ entgegnete Arras. Fulminus wurde wieder wütend. „Hier geht es nicht ums gewinnen. Es geht ums Überleben. Denkt an euren Traum. Das Bornland. Reichtum und Ruhm. Das geht nur, wenn ihr am Leben bleibt.“ Beide schauten sich eine lange Zeit an. Arras sagte: „Gut, wenn Ihr meint, Herr Radromtaler.“ und er löste sich von Fulminus. Arras ging auf den Kampfplatz zu. Fulminus wusste, dass Arras es nicht ernst meinte, was er soeben zum Magier sagte.

Die Duellanten standen sich gegenüber. Arras zeigte mit der Schwertspitze am langen Arm in Richtung seines Gegners. Der adelige Kontrahent nahm den Griff seines Schwerts in seine linke Hand und schnitt sich mit seiner Schwertklinge in seine rechte Hand. Fulminus schluckte. Er wusste nun, dass der Adlige Linkshänder oder Beidhänder war. Mit dem Schnitt in seine Hand opferte er dem Blutgott Kor. Möglicher Weise führte er sich damit auch Schmerzen zu, um in Blutrausch zu verfallen, damit er enorm viel, wenn auch unkontrollierten Schaden machte. Die Schwertspitzen berührten sich. Dann startete der Aldige Karloff eine Reihe von Angriffen mit der linken Hand, die Arras alle mit seinem rechten Schwertarm parierte. Das Gleiche machte nun Arras. Ein Austesten der Gegner, wie es üblich war. Doch dann erfolgte ein heftiger Schlag von Karloff, der von Arras pariert wurde. Die Menge stöhnte. Zu nahe am Heft pariert aber immerhin nahm bisher niemand Schaden. Arras machte einen Wuchtschlag auf Karloff, den konnte Karloff nicht parieren, weil er zu dicht an Arras dran war. Blut spritze auf. Die Menge stöhnte lauter. Ein vereinzelndes „Ja!“ war zu hören. Gib auf Karloff, dachte Fulminus. Aber das war erst das erste Blut. Wenn Arras es schaffte, Karloff erneut zu treffen, hätte der Schaukämpfer tatsächlich gewonnen. Fulminus stand mit offenen Mund da. Die Arme gekreuzt. Seinen Zauberstab fest umklammert. Karloff verfehlte Arras. Arras machte eine Finte. Die konnte Karloff parieren. Die Menge seufzte erneut. Karloff ging einen ganzen Schritt zurück. Dann schnitt er sich mit der Klinge erneut in seinen rechten Arm. Wieder ein Blutopfer? Oder wollte der Adlige unbedingt in Blutrausch verfallen? Arras nutzte die Möglichkeit zu einem Wuchtschlag. Aber er verfehlte den Adligen. Karloff griff jetzt an, holte weit aus und schrie: „FÜR DICH, LEUFRIED!“ Das Schwert ging auf Arras nieder. Der Schaukämpfer konnte nicht rechtzeitig parieren und wurde schwer an der Brust getroffen. Die Menge schrie auf. Fulminus löste sich von seinem Fleck, machte sich bereit, einen BLITZ DICH FIND zu zaubern, um den Kontrahenten zu blenden. Der Magier wusste nicht einmal, ob der BLITZ funktionieren würde. Ihm fehlte es praktisch an magischer Energie. Lass das Schwert fallen, dachte Fulminus. Doch Arras hob sein Schwert zum nächsten Angriff. „Nein.“ kamen die wütenden Worte aus Fulminus Mund. Arras verfehlte Karloff. Dieser wechselte sein Schwert in die rechte, blutende Hand und machte danach einen normalen Angriff. Damit hatte Arras nicht gerechnet. Viele der Dörfler wichen zurück, da sie zu nahe am Kampfgeschehen waren, vereinzelnd schrie jemand. Arras Gesichtsausdruck wirkte für einen sehr kurzen Augenblick verwirrt. Um den kommenden Schlag gut zu parieren, musste er einen halben Schritt zurück oder zur Seite, doch er blieb stehen. Wegen den nahen Dörflern? Ein sehr gutes Ziel für den Adligen. Dieser Schrie: „KOR!“ und die Klinge traf genau die Stelle der alten Wunde von Arras. Die Wunde blutete stark. „Lass das Schwert fallen, Arras.“ Fulminus wusste später nicht mehr, ob er den Satz nur gedacht, gesagt oder gar geschriehen hatte. Arras hielt sein Schwert immer noch in der Hand. In beiden Händen. Er versuchte einen beidhändigen Schlag. Der Adlige sah, wohin die Klinge von Arras führte und brauchte nicht einmal parieren. Er wich dem Schwertstreich einfach aus. Dann vollzog Karloff eine Drehung, in der er wohl all seine Kraft, Wut und Trauer über den Verlust seines Bruders setzte und seine Schwertklinge schlitzte Arras den Bauch auf. Der Schaukämpfer stürzte zu Boden. Geschrei unter den Zuschauern. Irgend eine Frau wurde ohnmächtig. Kinder wurden von ihren Eltern fest an sich gedrückt. Den Schwertgriff hatte Arras immer noch in seiner Schwerthand. Fulminus und der Junker gingen gleichzeitig auf den Kampfplatz zu. Der Junker rief Karloffs Namen. Dieser blickte erst Arras, dann Fulminus wütend an. Fulminus rechnete mit einen Angriff des Adligen auf ihn. Fulminus machte sich bereit für den Zauber BLITZ DICH FIND. Doch als der Junker erneut „Karloff.“ sagte, ging dieser zu seinem Cousin. Fulminus kniete sich zu den schwer verletzten Arras herunter. Dieser hielt immer noch das Schwert in seiner Hand. „Lasst das Schwert los.“ sagte Fulminus im ruhigen Ton. Er sah sich die schweren Verletzungen des Schaukämpfers aus Aranien an. Der Magier konnte nichts mehr für ihn tun. „Ich kann nicht sterben“, flüsterte Arras. „Ich habe in meinen Visionen doch gesehen, wie ich das Bornland bereise.“ - „Lasst bitte das Schwert los, Arras.“ wiederholte der Magier. „Dann müsst Ihr für mich gehen, Radromtaler.“ Arras blutete stark aus allen Wunden. „Reichtum und Ruhm.“ flüsterte Arras. „Reichtum und Ruhm.“ flüsterte Fulminus zurück. Arras atmete ein letztes Mal aus. Ein dünner Blutsfaden rann aus seinem Mund. Dann ließ Arras, Herr der Klingen, aus Aranien, sein Schwert los.

Fulminus schloß die Augen des toten Araniers. Der Junker näherte sich dem knienden Magier. „Wir haben gewonnen und fordern das Schwert als legitime Beute. Und als Opfer für Kor.“ - „Es gehört Euch.“ antwortete der Magier. Das blöde Schwert, dachte Fulminus, als er aufstand und sich dabei auf seinen Magierstab aufstützte. Der Junker nahm sich das Schwert von Arras und verbeugte sich vor Fulminus. Der Magier nickte zurück. Langsam ging Fulminus zu der Mauer und sah das Bündel des Araniers auf dem Tisch, sowie das zweite Schwert und die Ausrüstung. Jetzt ging es ihm nur noch um sein Überleben. „Sagt bitte, Schulze Donnersinn. Ihr habt doch einen Dorfschmied.“ - „Ja“, sagte der Schulze und winkte einen kräftigen Dörfler aus der Zuschauergruppe heran. „Das ist Yago, der Schmied.“ Fulminus sah den Schmied ins Gesicht. „Schmied Yago, der Herr der Klingen, Arras hatte mir überlassen, was mit seinen Sachen geschehen soll.“ Während Fulminus das sagte, begann er in Arras alten Bündel zu wühlen. Er fand nur leichte Kleidung. Resignierend sagte er: „Hier sind ein exzellentes Zweitschwert, Schwertscheiden, Waffengurt und Ausrüstung für die Pflege der Klingen. Wieviel würdet ihr mir dafür zahlen?“ Der Schmied schaute kurz auf die Sachen und sagte dann „Zwölf Silbertaler, wohlgelehrter Herr.“ Fulminus wusste, dass das nur ein sechstel des tatsächlichen Wertes war. Aber in dieser Gegend waren die 12 Silbertaler für den Schmied enorm viel Geld und wohl alles, was er besaß. Im Verkauf in der nächsten Stadt könnte der Schmied bei einem anderen Händler bestimmt dreissig Silbertaler oder mehr bekommen oder er schmelzte den Stahl ein und verwendete ihn anderweitig. Da bald ein erneuter Krieg bevor stand, wäre Stahl dann enorm kostbar. „Ich bin einverstanden, Schmied Yago. Bringt mir das Geld, aber sofort.“ Inzwischen hatten sich die Dörfler um den Leichnam des toten Arras versammelt, um ihn zu begaffen. So etwas sah man nicht oft auf dem Lande. „Aber hört, Schmied Yago,“ ergänzte Fulminus, „Ihr und der Dorfschulze sorgt dafür, dass Arras ein vernünftiges Grab bekommt.“ Die beiden nickten und Yago holte das Geld. Inzwischen las der Magier ein Schild am Wegesrand, auf dem stand: „Kleinwardstein –> 11 Meilen“ Als er das Geld in der Hand hielt, hatten die Adligen ihren toten Gesellen in ein Tuch gehüllt und auf seinem Pferd gebunden. Sie ritten dann wortlos aus dem Dorf gen Praios (nach Süden). Kleinwardstein musste gen Rahja (nach Osten) liegen. Fulminus fragte den Dorfschulzen: „Was kommt hinter Kleinwardstein?“ Dorfschulze Donnersinn antwortete: Dorfschulze Donnersinn antwortete: „Das Kloster Göttertrutz, dann Erlschwerd, Tizamsauen und schließlich Perainefurten. Weiter bin ich nie gekommen, wohlgelehrter Herr.“ - „Danke, Schulze Donnersinn.“ sagte Fulminus zufrieden. Der Schulze trat zu seinen Leuten, um das Begräbnis von Arras vorzubereiten. Fulminus packte die Kleidungsstücke von Arras in seine Umhängetasche und ließ das leere Bündel liegen. Er rief sich die Karte von Tobrien aus seiner Erinnerung vor seinem geistigen Auge. Weiter im Osten von Pereinefurten musste das alte Schlachtfeld der vallusanischen Weiden liegen, dann sollte das Flüsschen Misa kommen und an der Münung der Misa am Perlenmeer, lag die freie Stadt Vallusa. Fulminus wollte raus aus Tobrien, bevor der Krieg begann. Er band das dunkle Tuch wieder am Kopfende seines Magierstabes fest. Ihm fiel eine Zeile aus dem Reisebericht eines berühmten Avesgeweihten ein: „...willst du Tobrien verlassen, reise nach Vallusa. Einen Schritt weiter und du bist im Bornland...“ Fulminus sah auf das Kleinwardstein-Schild. Er hörte hinter sich die Dörfler über Arras reden aber er drehte sich nicht um, als er den Weg nach Kleinwardstein folgte. Den Magierstab benutzte Fulminus als Wanderstab. Wenn er sich beeilte, könnte er in Festum, der Hauptstadt des Bornlands sein, bevor die Namenlosen Tage anbrachen.

ENDE